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Das Altheidentum
Seit einigen Jahren verwenden wir zur Kennzeichnung unserer Religion und Lehre den Begriff „Alt-Heidentum“ oder „Altheidentum“, auch „altes Heidentum“. Damit haben wir eine eigenständige Richtung innerhalb der heidnischen und Ásatrú-Strömungen begründet und deshalb will ich hier dazu einmal etwas schreiben.
Wir hatten ja von Anfang an den Anspruch, nicht irgendein Neuheidentum zu praktizieren, sondern den tatsächlichen heidnischen Glauben unserer Vorfahren. Dennoch wurden wir als „Neuheiden“ bezeichnet; zuweilen wurde auch der Begriff „Neoheiden“ oder „Neopagans“ verwendet, der meiner Ansicht nach eindeutig abwertend gemeint ist. Er erinnert an die Bezeichnung „Neonazis“ und stellt somit eine Verbindung zwischen „Neoheiden“ und „Neonazis“ her: „Neoheidentum“ ist dabei die Religion, „Neonazitum“ ist die politische Richtung einer Personengruppe, die offenbar identisch ist. Daß der Begriff abwertend gemeint ist, erweist gerade das Wort „Neonazis“. Wie würde es klingen, wenn man statt von „Neonazis“ von „Neuen Nazis“ sprechen würde? Die Naziideologie würde damit als etwas Modernes, Zeitgemäßes, eben Neues erscheinen, würde das Image des Ewiggestrigen verlieren. Deswegen vermeiden Politiker und Journalisten diese deutsche Bezeichnung. Lediglich zur Bezeichnung neuheidnischer Vereine ohne einheitliche Lehre ist diese Bezeichnung geeignet, da sie auch impliziert, daß wenig intellektuelle Grundlagen vorhanden sind: Neoheiden.
Jedenfalls wurden und werden wir als Neuheiden bezeichnet. Damit soll gezeigt werden, daß unsere Religion eben neu ist, nicht altüberliefert, wie wir ja behaupten. Schon mit der Verwendung dieser Bezeichnung werden wir also als Lügner hingestellt. Auch wird uns damit jegliche heidnische Tradition abgesprochen: Das Heidentum der Germanen war untergegangen, bestand nicht mehr, also können wir nur Neuheidentum betreiben. In Wahrheit aber wissen wir, daß das alte Heidentum eben niemals ganz untergegangen war, daß Bräuche und Vorstellungen bis in unsere Zeit unter einem christlichen Überbau überlebt haben. Wenn wir uns nun von diesen Überbau befreien, bleiben teils guterhaltene Reste des Heidentums übrig, die bis heute praktiziert werden. Denken wir nur an den Weihnachtsbaum, Bräuche um den Ruprecht oder Bräuche zum Jahreswechsel. Wenn man also von der Figur des Weihnachtsmannes/Nikolaus/Ruprecht den christlichen Bischof Nikolaus subtrahiert, bleibt der heidnische Gott Hruodperaht (der „ruhmglänzende“ Wodan) übrig. Wenn man nun einen Ruprechtsumzug veranstaltet, ist das ein heidnischer Umzug des Gottes Wodan und somit ein Bestandteil des alten germanischen Heidentums. Wenn man unsern Weihnachtsbaum nicht modern-christlich „Christbaum“ nennt, sondern schweizerisch „Bechteli“, dann erkennt man, daß dieser Baum der Frau Berchta, also der Göttin Frick, geweiht ist. Diese beiden aktuellen Beispiele zeigen, daß unter einer dünnen christlichen Tünche das alte Heidentum hervorschaut: Meine Aufgabe ist es also, diese Tünche zu entfernen.
Übrigens ist das Christentum eine Religion, die vor nicht ganz 2000 Jahren gegründet wurde. In den Jahrhunderten hat sich diese Religion auch ziemlich verändert. Vergleicht man etwa das Urchristentum im alten Rom mit dem heutigen Katholizismus. Schon das Zeichen wurde geändert: Heute ist es das Kreuz, früher war es der Fisch. Die Liturgie ist vollständig anders, Dogmen sind hinzugekommen und die Jenseitsvorstellungen (Hades, jüngstes Gericht, Antichrist) sind heute ganz anders. Dennoch spricht niemand bei heutigen Christen von „Neochristen“.
Dies beanspruchen wir nun für unser Heidentum auch: Wir wollen nicht als „Neo-“ oder „Neuheiden“ bezeichnet werden, denn wir praktizieren das alte Heidentum. Die Bezeichnung „Heiden“ trifft zwar auf uns auch zu, sie ist aber doch recht allgemein (wie etwa „Christen“ auch ganz verschiedene Richtungen beinhaltet, nämlich z. B. Katholiken, Protestanten oder Orthodoxe). Und es gibt ja heute eine ganze Reihe von Gruppen, die sich heidnisch nennen und dieses Heidentum in moderner Weise, d. h. unter Verwendung von neuerdachten Ritualen (z. B. das „Hammerritual“) praktizieren. Mit ihnen haben wir nicht viel zu tun und auch sie distanzieren sich oft von unserer Form des Heidentums. Deswegen war es nötig, eine eigene Bezeichnung für unsere Religion zu wählen: Altheidentum.
Für die Wissenschaftler (z. B. Sozialwissenschaftler) gelten wir immer noch als Neuheiden, die alte GGG wurde sogar als „völkisch“ eingeordnet, obwohl dies in keiner Weise zutrifft. „Völkisch“ war im vorigen Jahrhundert als eine Übersetzung des Fremdwortes „national“ eingeführt worden. Die GGG aber war nie allein auf eine Nation (also Deutschland) beschränkt gewesen, sie hatte viele Mitglieder im Ausland und hat sich (im Gegensatz zur „Deutschgläubigen Gemeinschaft“) nie auf eine Nation, einen Staat, nicht einmal einen Sprachraum, festgelegt.
Vielleicht werden die Wissenschaftler irgendwann auch eine Kategorie „Altheiden“ einführen, derzeit aber sehen sie uns Altheiden als Neuheiden an. Es ist dann schon kurios, wenn unter der Überschrift „Neuheiden“ die Gruppe der „Altheiden“ aufgeführt wird, und jeder unvoreingenommene Leser wird erkennen, daß die wissenschaftliche Einordnung zweifelhaft ist.
Verwendung dieser Bezeichnung.
In den Werken früherer Zeiten wurde häufiger die Bezeichnung „altes Heidentum“ verwendet, um den Glauben der Germanen zu bezeichnen. Dies geschah aber noch ohne die Kenntnis eines dem entgegengestellten neuen Heidentums.
Erst mit dem Erscheinen verschiedener Bücher aus kirchlichen Kreisen, die sich mit dem „Neuheidentum“ beschäftigten, ist auch dieser Begriff in unser Blickfeld getreten. Nun konnte zwischen dem alten Heidentum der Germanen und dem neuen Heidentum des vergangenen Jahrhunderts unterschieden werden. Das wurde dann auch von verschiedenen Menschen getan.
Einer davon war Berthold Brecht. Er schrieb in "die Kommunisten und die deutschen Religionskämpfe" (Gesammelte Werke, Bd. 20, Frankfurt/M. 1967, 240 f.):
>Im Dritten Reich spielt sich ... nicht ein Kampf gegen die Religion ab, sondern ein Kampf zweier Religionen. Das Neuheidentum ist kein Atheismus, sondern ebenso wie das Altheidentum eine Religion. Und zwar ist das Neuheidentum gegen das Christentum genommen eine rückständige Religion. ... Wenn wir die christliche Religion als Opium bekämpft haben, weil wir sagten, sie lulle den Unterdrückten in Passivität, so müssen wir diese neue Religion noch stärker bekämpfen, da sie ein Rauschmittelausschank viel größeren Umfangs ist .... Das Christentum selber aber wird heute in einen sehr fruchtbaren Kampf mit seinen eigenen heidnischen Residuen verwickelt und ist gezwungen, seine blinde Unterwürfigkeit unter den Staat zu revidieren, die es immerfort zu der Einsegnung der Kriege und der bedingungslosen Verteidigung überholter Besitzformen geführt hat. In den deutschen Religionskämpfen müssen wir Kommunisten an der Seite der fortschrittlicheren Religion kämpfen ...<.
Brecht unterscheidet also das Neuheidentum (für ihn wohl das, was Hitler wollte) vom Altheidentum (dem der geschichtlichen Germanen und Celten). Hitler als „Neuheiden“ zu bezeichnen, ist natürlich Unsinn: Hitler war Katholik und seine Bewegung war eine christliche. Sein Antisemitismus kam aus dem Christentum, nicht aus neuheidnischen Vorstellungen. Er selbst kam nur einmal in seinem Leben mit Gedanken zusammen, die auch an eine neuheidnische Richtung erinnern, nämlich als er einzelne Hefte der Zeitschrift des Neutemplerordens in die Hände bekam. Dieser Orden war christlich und von dem Cisterciensermönch Georg Lanz gegründet worden. Aber hier war auch Guido List Mitglied, der Begründer der Ariosophie (eine neuheidnische Occultlehre). Hitler selbst hatte sich aber später deutlich gegen die Versuche, eine altgermanische Religion wiederzugründen, ausgesprochen. Heute ist es so, daß es auch heidnische Neonazis gibt. Aber das sind sämtlich Neuheiden, es gibt keine neonazistische altheidnische Gemeinschaft.
Wir verwenden die Bezeichnung „altheidnisch“ schon nachweisbar seit 1985. Damals ließen wir die „Heidnische Gemeinschaft e. V.“ in das Berliner Vereinsregister eintragen und ich formulierte dazu auch eine Grundsatzerklärung, deren Original sich in der Vereinsakte der HG findet. Darin hatte ich u. a. geschrieben:
>Die Heidnische Gemeinschaft versteht sich als Teil der weltweiten, in Island staatlich anerkannten, naturreligiösen Bewegung. Damit gibt es erstmalig seit etwa 900 Jahren in Deutschland wieder eine Vereinigung, die die Praktizierung und Verbreitung des altheidnischen Glaubens zum alleinigen Ziel hat ... Die Ergebnisse der Vorgeschichtsforschung, der Religionswissenschaften und der Volkskunde liegen jetzt in vielen Publikationen vor. Auf Grund dieser Forschungen hat sich nunmehr die Heidnische Gemeinschaft zusammengefunden, um das Erforschte auch in die Praxis umzusetzen.<
Das ist der früheste mir vorliegende Nachweis über die Verwendung dieser Bezeichnung durch uns und im Sinne unseres Glaubens. Der nächste Nachweis findet sich in meinem Buche „Heidnische Naturreligion – Altüberlieferte Glaubensvorstellungen, Riten und Bräuche“ (Bergen 1988) auf Seite 13:
>Die Heidnische Gemeinschaft e. V., in der ich Gode bin, verfolgt dagegen nur echtes Heidentum, ist quasi das orthodoxe Heidentum, eben "Heidentum", nicht "Neuheidentum" ... So möge dieses Buch dazu beitragen, die altheidnische Religion, soweit sie uns überliefert ist, einem weiten Leserkreis bekannt zu machen. Berlin 1988<.
Und auf der Seite 12 ist noch zu lesen:
>Neugermanische oder ariosophische Erkenntnisse sind in diesem Buche daher nicht zu finden, ...<
Das ist eindeutig, es sollte das alte Heidentum sein, kein Neuheidentum. Wir verwendeten allerdings auch die Bezeichnungen „überliefertes germanisches Heidentum“ und „traditionelles germanisches Heidentum“ sehr häufig. So etwa in der Verfassung der GGG von 1991, Abschnitt 1, § 1:
>Die Germanische Glaubens-Gemeinschaft ist eine religiöse Vereinigung zur Wahrung, Förderung und Verbreitung des überlieferten und durch Forschungen erschlossenen germanischen Glaubens und Kultes<.
Als wir die GGG wiederaktiviert hatten, gab es in Deutschland (und wohl auch weltweit, mit Ausnahme von Island) nur unsere beiden Gemeinschaften (HG und GGG), die das alte Heidentum zum alleinigen Ziel hatten. Die andern bestehenden Gruppen waren meist anders orientiert: Ariosophisch waren der Armanen-Orden und Die Goden e. V., sowie die davon später abgeleiteten Gruppen Tempel der Semnonen, ANSE und andere. Der Yggdrasilkreis war ariosophisch, dazu aber auch neo-celtisch und integrierte auch die moderne Richtung des Wicca-Hexentums. Die Artgemeinschaft und die Deutschgläubige Gemeinschaft waren völkisch. Auch weitere kleinere Ableger waren es. Schließlich gab es dann noch neu die esoterischen, wiccaorientierten Gruppen, wie z. B. der Steinkreis. In diese drei Kategorien kann man eigentlich alle Gruppen von damals einordnen. Die meisten Gruppen wollten auch gar keine Religionsgemeinschaften sein, denn man wollte sich ja nicht auf eine bestimmte einheitliche Lehre festlegen, was immer auch zu Mitgliederverlust geführt hätte.
Der 1985 als deutscher Ableger der britischen Mutterorganisation gegründete „Odinic Rite Deutschland“ (ORD), der sich mittlerweile in „Verein für germanisches Heidentum“ umgenannt hat, warb seit 2003 mit dem Text: „Traditionelles germanisches Heidentum in heutiger Zeit“. Das war für uns ein Grund, die bislang nur von uns genutzte Formulierung „traditionelles germanisches Heidentum“ zu überdenken. Unsere Lehren unterschieden sich von dem, was man im ORD als „traditionlles germanisches Heidentum“ ansah. Auch viele Wicca-Anhänger sprachen von „Traditionen“, nämlich etwa der Tradition der Gardnerian-Wicca oder der Sanders-Wicca und meinten damit Traditionen, die nur wenige Jahrzehnte alt waren. Deswegen hatten wir seitdem wieder die Bezeichnung „Altheidentum“ stärker verwendet. Dies hatte auch den Vorteil, daß in Formulierungen wie „die Externsteine sind ein altheidnisches Heiligtum“ unser Glaube genauso angesprochen ist, wie der Glaube der Vorzeit. Es sind somit auch im Sprachgebrauch beide identisch.
Ausblick.
Wir befanden uns von Anfang an auf einem Rückzug: Zuerst waren wir es, die die Bezeichnung „Heidentum“ allein verwendeten (z. B. „Heidnische Gemeinschaft“). Andere kamen hinzu, meldeten ihre Ansprüche an und wir sprachen nun vom „traditionellen germanischen Heidentum“. Nachdem der Odinic Rite aber auch diese Bezeichnung übernahm, mußten wir einen weiteren Schritt gehen und sprechen nun vom „Altheidentum“. Leider stehen wieder neue Leute in den Startlöchern, die uns auch diese Bezeichnung streitig machen wollen. Aber diesmal werden wir keinen Schritt zurückgehen, sondern auf unserer Bezeichnung beharren. Es geht auch nicht nur um das Wort, sondern die damit verbundene, von mir ausgearbeitete Lehre. Diese soll und muß einheitlich bleiben, eine Spaltung darf es nicht geben. Wir wollen nicht das zerstrittene Bild liefern, daß uns die vielen christlichen Sekten vormachen. Es darf nur ein einziges Altheidentum geben. Um das zu garantieren, ist u. a. mein Amt da: Für die Einheitlichkeit der Lehre Sorge zu tragen, klar zu sagen: Das ist altheidnisch, das ist es nicht. Ohne dieses Amt würde sich das Altheidentum mit der Zeit in verschiedene Richtungen auseinanderspalten, es würde Richtungskämpfe, Abgrenzungen, Streite um den „richtigen“ Weg usw. geben. Das darf nicht sein.
Aktuell versucht derzeit eine Gruppe von wenigen Mitgliedern aus dem Internet, die von einem Ex-GGG-Mitglied gegründet wurde, eine derartige Spaltung herbeizuführen. Man nennt sich „altheidnisch“, lehnt aber mein Amt ab, will eigene Goden ausbilden ohne Weihe und ohne daß sie das nötige Wissen überhaupt nachweisen müßten. Diese sollen nur noch Goden dieser Gruppe sein, was gegen jede heidnische Überlieferung ist (ein richtiger Gode ist Gode für alle Altheiden, unabhängig von Vereinszugehörigkeiten). Wer derart willkürlich Überlieferungen selbstherrlich außer Kraft setzt, ist kein Altheide, auch wenn er sich so nennt. Altheidnische Gemeinschaften sind derzeit nur die GGG; die ursprünglich altheidnische HG (Heidnische Gemeinschaft) ist mittlerweile neuheidnisch geworden. In Zweifelsfällen rate ich allen, bei mir nachzufragen, ob eine Person oder Gruppe tatsächlich altheidnisch ist, oder nicht. Die Vereinigungen "Wodans Erben e. V." sowie "Wodanserben" sind eindeutig keine Altheiden.
Übrigens gibt es mittlerweile auch in dem freien Weltnetz-Lexikon „Wikipedia“ im Artikel „Ásatrú“ unter „Strömungen“ einen eigenen Eintrag zum Alt-Heidentum (Stand: 1. Julmond 2007):
>Seit 1985 entwickelte sich in Deutschland eine Ásatrú-Strömung, die von ihren Anhängern als Alt-Heidentum bezeichnet wird. Ein wesentliches Merkmal dieser von Géza von Neményi geprägten ältesten Ásatru-Richtung in Deutschland ist die Verwendung des Wortes Ásatrú in der Übersetzung als Glaube an die Asen, woraus eine religiöse Auffassung der Götter und ein anderes Verhältnis der Menschen zu den Göttern resultiert, als es i. d. R. von Ásatrú heute üblich ist, in der eine eher rationalere Betonung auf "Vertrauen -auf die Götter, bzw. Treue -zu ihnen" verstanden wird. Dies ist auch der Hauptgrund, warum das Alt-Heidentum von Vertretern der meisten Ásatrúgemeinschaften gelegentlich als nicht zu Ásatrú gehörend angesehen wird. Ein weiteres wesentliches Merkmal ist der große Wert, den die Alt-Heiden auf die überlieferten Quellen legen; in den Blóts (Festen) werden ausschließlich in den Primärquellen (Eddas, Sagas, Historiker, Sagen, Volkskunde) überlieferte Gebete, Bräuche und Lieder verwendet. Die Eddalieder gelten hier als mystische Offenbarungen der Götter. Christlicher Einfluß wird in den Überlieferungen nicht gesehen. Die Alt-Heiden, die heute vor allem in der Germanischen Glaubens-Gemeinschaft und der Heidnischen Gemeinschaft e. V. organisiert sind, betrachten G. v. Neményi als oberste religiöse Instanz, als "Allsherjargoden“<
Es sei darauf hingewiesen, daß das Altheidentum selbstverständlich zum Ásatrú gehört. Das hatten wir auch bereits 1985 geschrieben.
Inhaltliche Grundvoraussetzungen.
Wie definiert sich nun Altheidentum? Es ist der historische Glaube der Germanen, nicht mehr, und nicht weniger, und zwar in meiner quellengestützten Rekonstruktion. Es wurden dabei bestimmte Einwände gemacht, nämlich daß es „die Germanen“ so eigentlich nicht gäbe. Ich sehe das zwar nicht so, aber nun gut: Tatsache, von keinem wegzuleugnen, ist, daß es hier Menschen vor 2000 Jahren gegeben hatte, die zum größten Teil unsere direkten Vorfahren sind. Wie man sie auch immer benennen will, ist dabei zweitrangig. Diese Menschen sind eine Realität, und daß sie eine Religion hatten, die bis in unsere Zeiten in alten Bräuchen teilweise erhalten ist, ist auch eine Tatsache. Es muß also theoretisch möglich sein, diese Religion auch heute zu praktizieren.
In der Praxis kommen einige Schwierigkeiten hinzu: Die nicht so gute Quellenlage, die Frage, ob nicht jeder Stamm eine eigene Religion hatte, die Frage, ob sich das Heidentum nicht auch stark wandelte und veränderte, und zuletzt die Frage der Eddas, die ja erst in der heidnischen Spätzeit und auf Island aufgeschrieben wurden.
Wegen dieser Problematik kommen nun viele Forscher zu einem in Details unterschiedlichen Bild von dem, was man „germanisches Heidentum“ nennt. Forscher stellen eigene Hypothesen auf und verwerfen diese nach einigen Jahren vielleicht wieder. Forscher müssen sich auf eine bestimmte Region und Zeit festlegen, nicht für ganz Germanien eine Rekonstruktion vorlegen, Forscher müssen sich nicht um den spirituellen Wahrheitsgehalt einer Religion kümmern usw.
Ich hingegen wollte nicht nur eine alte heidnische Religion praktizieren, sondern legte Wert darauf, daß sie auch „wahr“ ist, daß sie also das wiedergibt, was auf der spirituellen Ebene Realität ist. Um eine Religion zu gründen, die etwas aussagt über jenseitige Wesenheiten und Welten, ist ein Blick in diese Jenseitswelt notwendig. Eine Religion braucht also irgendeine Offenbarung. Die kann vom jeweiligen Gründer stammen, oder von Lehrern und einzelnen Anhängern der Religion. Sie kann mündlich oder schriftlich überliefert werden, das ist egal. Als derartige Offenbarung des Altheidentums sehe ich die Götterlieder der Älteren Edda und viele Teile der Jüngeren Edda an. In den Liedern wird ja schon durch ihre Namen oder durch einzelne Sätze darauf hingewiesen, daß sie von Gottheiten stammen. Ihr hohes Alter erweisen Vergleiche der Mythen mit der persischen Zend-Avesta und den indischen Veden. Christlicher Einfluß ist nach meinem Glauben und Wissen nicht vorhanden und konnte bislang auch noch nie nachgewiesen werden.
Zu diesen wichtigen Offenbarungen kommen nun noch Offenbarungen der heutigen Zeit. Durch meine jahrelange Mitgliedschaft in einem spiritistischen Kreis und die dort erfolgten Belehrungen durch Geistwesen weiß ich recht genau, wie es „drüben“ aussieht und kann daher die entsprechenden Überlieferungen der Germanen in dieser Weise deuten, verstehen und einordnen. Die persönlichen Offenbarungen dürfen aber nur immer Richtungsgeber sein, die echte Überlieferung ist immer über individuelle Offenbarungen zu stellen.
Deswegen ist der erste Grundsatz des Altheidentums, daß die Quellen als göttliche Offenbarungen akzeptiert werden. Das ist unveränderbare Grundlage.
Die zweite Grundlage besagt, daß frühere Menschen mehr naturverbunden lebten und spiritueller waren, als heutige Menschen. Woran das auch immer liegen mag, an unserer unnatürlichen technischen Lebensweise, an unserer rationalen Gesellschaft, die den Verstand über alles andere stellt oder daran, daß Schamanen usw. wegen der herrschenden christlichen Religion nicht mehr vorhanden sind. Oder weil das dritte, geistige Auge immer mehr verkümmert, oder weil es heute nicht mehr üblich ist (außer bei uns), unter Anwendung archaischer Techniken und Drogen Visionen usw. herbeizuführen. Egal warum, jedenfalls waren unsere heidnischen Vorfahren noch in einem hohen Maße hell- und geistersichtig. Deswegen sind ihre Riten, Bräuche und Zeremonien wirksam und praxiserprobt. Wenn sich kein höheres Wesen bei einem Blót eingefunden hätte, hätte man das sofort wahrgenommen. Das Übernehmen dieser Bräuche und Zeremonien bedeutet für uns also die Sicherheit, daß die derart übernommenen Riten auch wirksam für uns sind. Es ist der sichere, erprobte Weg.
Als Drittes gehört ein spirituelles Priestertum dazu, also Goden, die nicht per Bestimmung dazu werden, sondern durch Ausbildung, Wahl und Weihe. Denn diese Religion soll nur von Priestern, nicht von Laien (d. h. Nicht-Priestern) interpretiert und ausgelegt werden. Auch das Amt des Allsherjargoden gehört dazu. Damit ist eine Verfälschung, Verwässerung oder Spaltung nicht möglich, denn jeder, der selbstständig von der Lehre abweichen will oder sie verändern will, gehört nicht mehr zum Altheidentum sondern ist dann bestenfalls Neuheide, weil er ja etwas Neues, Neuerungen will.
So, wie etwa an die Qualität von Demeter-Bioprodukten höchste Maßstäbe angelegt werden, um die Bezeichnung "Demeter" tragen zu dürfen, gelten auch beim Altheidentum strenge Maßstäbe. Nur wer sie voll erfüllt, kann als Altheide anerkannt werden; das gilt für Einzelpersonen, wie für Gemeinschaften.
Die andern aufgeworfenen Fragen sind die nach der Einheitlichkeit der Religion der Germanen. Da beschreibt etwa Tacitus den Nerthuskult am Meere, den heiligen Hain der Semnonen oder die Priester der Alken. Alles unterschiedliche Kulte verschiedener Stämme. Aber wirklich auch Zeichen abweichender Religionen? Wohl kaum. Wenn in Bayern Leonhardiritte stattfinden, im Norden aber nur Martinsumzüge, dann sind das deswegen nicht verschiedene Religionen, sondern nur verschiedene Heilige die in verschiedener Weise verehrt werden. Es bleiben alles Bestandteile des katholischen Christentums. So war es auch in Germanien: Der eine Stamm hatte vielleicht ein berühmtes Heiligtum der Nerthus, der andere eines des Gottes Wodan. Dennoch wurden natürlich alle Gottheiten verehrt. Ich gehe also ganz wie der Religionsweissenschaftler Bemann von einer recht einheitlichen germanischen Religion aus. Diese wandelte sich zwar auch, aber in sehr geringem Maße. Warum sollte man auch an einer erprobten, wirksamen Religion irgendetwas verändern wollen? Die größte Veränderung, die ich sehe, ist das Aufkommen der jüngeren Runenreihe im Norden. Das geschah allerdings aus sprachlichen Gründen, denn bestimmte alte Runenlaute hatten sich gewandelt oder waren weggefallen. Ähnlich geschah es mit den Götternamen; der Name „Wodan“ verlor sein anlautendes W. Auch das war eine sprachliche Entwicklung und ist bei andern Bezeichnungen auch festzustellen (z. B. Wulf – Ulfr). Ich gehe also nicht von größeren Veränderungen aus.
Deswegen war es auch möglich, aus ganz verschiedenen Zeiten und germanischen Regionen überlieferte Bräuche zu einem Ganzen zu verbinden. Etwa Tacitus' Schilderung der Initiation im Semnonenhain mit der Handauflegungszeremonie in der Ynglinga saga und einigen germanischen Bestandteilen der kirchlichen Priesterweihe. Alles paßte gut zusammen und bildet nun wieder eine Einheit.
Man kann sich das so vorstellen: Man findet einzelne Seiten von Gesangbüchern aus verschiedenen Zeiten und Regionen. Auch ein Inhaltsverzeichnis ist bekannt Nun tut man diese Blätter in sinnvoller Ordnung in einem Buch zusammen: Jedes Lied darin ist authentisch und alt, manches älter, manches jünger. Aber immer bleibt man im Bereich der heidnischen Überlieferung, jede Seite ist echt, nichts wurde hinzuerfunden. Nur die Zusammenstellung so gab es zuvor nicht. Da stammten alle Seiten nicht nur aus einem einzigen Buch.
Um "Altheidentum" zu definieren, gehören also diese drei Grundsätze zwingend dazu:
Es liegt nun in unser aller Hand, zur Erhaltung des Altheidentums beizutragen. Wir haben da eine sehr wertvolle Lehre zu verteten und mit Leben auszufüllen, die uns allen auf unserem spirituellen Wege helfen kann.
© 2007 Allsherjargode Géza v. Nahodyl Neményi